Dies ist eine kostenlose Homepage erstellt mit hPage.com.

Auszüge aus der Chronik "Es war" - Ein Dorf und seine Menschen zwischen 1931 und 1945,

von Bodo Zapora

 

Handwerk, Klein-Unternehmen, Handel und Gaststätten

 

Die herkömmliche Struktur des Dorfes umfaßte das Dominium (Herrschaft und Leute), einige Vollbauern, Kleinstellenbesitzer und Häusler. Insbesondere diese verfügten über die Nutzung des eigenen Landes hinaus über freie Arbeitskraft für Arbeitsleistungen auf dem Dominium, in den Vollbauernhöfen und als traditionelle Handwerker, Händler oder Dienstleister.

Das Dominium, größter Arbeitgeber am Ort, besaß mit einer Schmiede einschließlich Landmaschinenschlosserei und einer Stellmacherei zwei leistungsfähige Werkstätten für den eigenen Bedarf. Im Dorf hatten daneben bis zur Flucht / Vertreibung 1945 mehrere selbständige Handwerker ihr gutes Auskommen:

Die Graebersche Schmiede leistete ein umfassendes Angebot: Huf- und Wagenbeschlag, Landmaschinenschlosserei, Elektroinstallationsfachbetrieb, Gerätebau, Fahrradhandel usw. ;

die Bau-, Möbel- und Sargtischlerei Kadura war mit modernsten Maschinen ausgestattet einschließlich der für die Oberflächen-Endbehandlung der gebauten Möbel erforderlichen.

In der Sattlerei und Polsterei Kiesewetter wurden Zuggeschirre und andere Leder- und Polsterwaren auf Bestellung hergestellt und auch repariert.

Blaches Stellmacherei hatte zwischen den Weltkriegen ihren Betrieb eingestellt.

In der Mühle und Bäckerei Hoffmann wurde nicht nur das Mehl für Striese und Umgebung gemahlen, auch verschiedene Brotsorten, Semmeln und Feinbackwaren konnten im Laden oder vom Verkaufswagen erworben werden.

Jeden Freitag war nachmittags Backtag für alle Hausfrauen aus dem Dorf.

Für Kunden aus Striese und Umgebung arbeiteten in der Damen- und Herren-Schneiderei Tscherntke-König ständig mehrere Fachkräfte.

Zwei Schuhmacher (Gustav Knörndel und Fritz Weber) besohlten, flickten und nähten die stark strapazierten Schuhe und Stiefel der Dorfbewohner meist noch mit der Hand. Mit dem Knieriemen spannten sie den zu reparierenden Schuh auf ihr Knie, stachen mit dem Pfriem die Löcher und verbanden die Lederteile mit Pechdraht. Erhielt ein Schuh eine neue Ledersohle, steckte der Schuster den Schuh auf den Dreifuß, bohrte mit einem Vierkantpfriem entlang des Sohlenrandes Löchlein neben Löchlein und schlug in diese Löchlein passende Holzstifte. Wo es nötig war, wurden auch Täckse (kleine keilförmige Eisennägel) zur dauerhaften Verbindung von Schuhteilen verwendet. Gustav Knörndel hatte in seiner Werkstatt als modernes Werkzeug eine große Leder-Nähmaschine für feinere Nähte, die nicht mit Pechdraht ausgeführt wurden. Zur Verbesserung der Beleuchtung des Arbeitsplatzes bedienten sich die Schuster einer mit Wasser gefüllten gläsernen Kugel (Schusterkugel), die wie eine Sammellinse wirkte.

Das über längere Zeit gut vertretene Frisörhandwerk verschwand aus dem Dorf, nachdem zwei junge Frisöre fortzogen und der Barbier Fritz Dörner einem Verkehrsunfall zum Opfer fiel. Während des Krieges konnte die verbliebene männliche Einwohnerschaft nur noch mit Hilfe kriegsgefangener Franzosen die Bart- und Haarpflege am Ort vornehmen lassen. In einigen Familien schnitten mehr oder minder begabte Mütter mit Haushaltsscheren oder Hand-Haarschneidemaschinen ihren Angehörigen die Haare kurz. Dagegen ließen die meisten Mädchen und Frauen ihre Haare wachsen oder frisierten sich gegenseitig.

Die Korbmacherei Peschel setzte große Teile ihrer Korb- und Besenproduktion auch in den Nachbarorten und den Städten Trebnitz und Breslau ab.

Blumen, Kränze, Pflanzen, Kräuter und Gemüse kaufte man in den Gartenbaubetrieben Beck und Rüdiger, soweit der Bedarf nicht aus Hausgärten gedeckt wurde. Das Dominium hatte eine eigene Gärtnerei.

Nach dem Fortzug des Kaufmanns Bautz verblieb nur noch Kaufmann Rahner am Ort. Wegen der Vielfalt des Sortiments kamen auch Kunden aus den umliegenden Dörfern nach Striese "zu Rahner". Außer frischen Backwaren, Fleisch und Wurstwaren erhielt man bei Rahner alle Lebensmittel einschließlich Fischkonserven. Saure Gurken, Salzheringe und Sauerkraut gab es nach gewünschtem Gewicht lose aus Fässern; Marmeladen und Honig aus Eimern. Neben den Lebensmitteln waren Gewürze, Backzutaten, Wundertüten, Schulhefte und Schreibwaren, Drogeriewaren, Christbaumschmuck, Farben, Lacke, Petroleum, Eisen- und Haushaltswaren, Schuhe, Gummistiefel, Textilien, Kurzwaren, Maschendraht und Teerpappe, Steinkohlen, Koks, Briketts und ... und ... und ... zu haben.

Mit einem ambulanten Handel schlug sich Eberhard Theinert durch, ja er schaffte es sogar, sich vor dem Krieg noch einen gebrauchten Kraftwagen zu kaufen, in dem er und seine Waren vor Wind und Wetter geschützt waren.

Zwei Gasthäuser konnten sich auf Dauer im relativ kleinen Dorf Striese nicht halten. Während das Geschäft in Schlanzkes Gasthaus florierte, siechte Wolfs Gasthaus aus mancherlei Gründen dahin und wurde geschlossen.

Ein besonderer Vorteil gegenüber den Nachbarorten war durch das Vorhandensein der Praxis des praktischen Arztes Dr. Matschke gegeben.

Alles in allem war das Dorf für seine Größe mit einer vorbildlichen Infrastruktur ausgestattet; es konnte fast jeder Bedarf am Ort befriedigt werden.

 

 


Nach oben

Dies ist eine kostenlose Homepage erstellt mit hPage.com.