Landwirtschaft in Striese
Auszüge aus der Chronik "Es war - Ein Dorf und seine Menschen zwischen 1931 und 1945" von
Bodo Zapora
Niederschlesien ist überwiegend ein Agrarland. So ist im ländlichen Bereich der größere Teil der arbeitenden Bevölkerung bis zum Ende des II. Weltkrieges direkt oder indirekt in der Land- und Forstwirtschaft tätig.
Striese liegt innerhalb des relativ kleinen, besonders fruchtbaren Schwarzerde-Gebietes rechtsseitig der Oder, wo vorwiegend Zuckerrüben, Weizen und Gerste angebaut werden, und die Viehwirtschaft etwa gleichrangig neben dem Ackerbau steht. Außer dem Großbetrieb "Domimium" gibt es eine Anzahl größerer und mittlerer Bauern und einige Zuerwerbsbetriebe.
Die Feldarbeit drängt sich von Mitte März bis Mitte November auf etwa 8 Monate zusammen. Neben den mithelfenden Familienangehörigen der Bauern sind während des Feldarbeitzeitraumes auch Saisonarbeiter (vorwiegend aus Polen) tätig.
In jahrzehntelanger zielstrebiger Arbeit und mit zähem Fleiß erwirtschaften die Strieser Bauern überdurchschnittlich hohe Erträge und gelten durchaus als wohlhabend. Schon in der ersten Hälfte der 30er Jahre besitzen einige Landwirte neben ihren geschlossenen Pferdekutschen auch ein "Personenauto".
Selbstverständlich sind noch Handwerkzeuge wie Sichel, Sense, Rechen und Gabel im Einsatz, aber die um die Jahrhundertwende einsetzende Mechanisierung hat schnell ihren Einzug gefunden. Pflug, Egge, Scheibenegge, Grubber, Ringelwalze, Drillmaschine, Hackmaschine, Flügelmaschine, Selbst-Binder und Kartoffelroder werden nicht mehr allein von Zugtieren bewegt. Nach und neben den "Dampf-Pflügen" kommen bald der Oilpull und die Lanz-Bulldogs zum Einsatz. Die "Zug"-Maschinen ersetzen die "Zug"-Tiere. Als Zugtiere sind in unserem Dorf überwiegend Pferde eingespannt. In kleineren Wirtschaften werden gelegentlich Kühe neben einem Pferd oder Kühe allein oder als Gespann eingesetzt. Ochsengespanne gibt es ausschließlich auf dem Dominium, und einen Esel hält sich nur der Sattler Kiesewetter.
Das Dominium:
Jeder im Dorf weiß, was sich hinter dem Wort "Dominium" verbirgt. Gemeint ist das Rittergut, zusammen mit dem Freigut ein stattlicher Landbesitz mit einer bewirtschafteten und bebauten Gesamtfläche von rd. 489 ha.
Der Hof und das Schloß mit dem Park sind der Mittelpunkt des Dominiums. Im Norden, Nordosten, Osten und Südosten bis zu den Gemarkungsgrenzen der Gemeinden Mühnitz, Peterwitz, Wiese, Schön Ellguth und Rux reichend, umgibt eine geschlossene Fläche von ca. 380 ha den Hof und das Schloß. Eine südlich des Unterdorfes liegende zusammenhängende Fläche von ca. 100 ha (Freigut) und etwa 7 ha von Wald und Gehölz umgebene Wiese (Großteich) in der nordwestlichen Gemarkungsecke an der Sponsberger/Mühnitzer Grenze bilden mit den erstgenannten 380 ha den bewirtschafteten Gesamtbesitz.
Das ist der Lageplan des Dominiums:
Legende zum obigen Lageplan des Dominiums in Striese:
Der Erleichterung und Beschleunigung der Material-Transporte auf und von den Feldern dient eine komplette Pferde-Feldbahnanlage. Sie umfaßt 5 km in Wegen und Gebäuden festverlegtes Gleis und 2,5 km fliegendes Gleis, das mit Hand-Gleisträgern an jede beliebige Stelle verlegt werden kann.
Die Pferde ziehen, seitlich neben dem Gleis gehend, an einer längeren Kette den jeweils aus zwei Bremswagen bestehenden "Zug". Sollte der Zug aus irgendeinem Grunde einmal schneller sein als die Pferde und diese überholen, dann passiert den Pferden nichts, weil sich die Kette selbsttätig vom Zughaken an der Lore schiebt, während der Zug das Gespann überholt.
Der nach dem ersten Weltkrieg immer stärker fühlbare Mangel an menschlichen und tierischen Arbeitskräften wirkt zunehmend bestimmender auf maschinelle Bodenbearbeitung hin. Die Dampfplug-Fabrik J. Kemna aus Breslau praktisch vor der Haustür habend, bedienen sich auch die auf der rechten Oderseite wirtschaftenden Großbauern und Rittergüter dieser Dinosaurier der Landwirtschaft.
Dampfpflüge von Lohndampfpflug-Unternehmen sind in Striese allerdings ausschließlich auf den großen Schlägen des Dominiums in Aktion.